Geißel des Nichtstuns

Nun bin ich schon ein paar Jährchen aus dem Taxi raus, bemerke langsam, daß ich mich nicht mehr in der Stadt auskenne, habe nichts mehr zu tun und auch nichts mehr zu organisieren und habe deshalb langsam Angst zu verblöden. Ich habe deshalb begonnen, mein Leben endgültig auf Rente, Behinderung und angenehmes, möglichst wenig anstrengendes Leben umzustellen. Davon unabhängig treibt mich aber auch der Ehrgeiz, meine Wohnung inklusive Inventar nicht nur behindertengerecht, sondern auch modern und leicht bedienbar zu gestalten. Das Zauberwort ist „Smart Home“! So werde ich peu à peu mein Umfeld meiner Person anpassen. Ich habe also doch noch etwas zu tun. Bei all dem ist es aber auch hilfreich, Ballast abzuwerfen. Damit meine ich Gedanken oder auch Dinge, die ich mir für geplante Aktivitäten zugelegt hatte und nun nicht mehr brauche, weil es einfach nicht mehr geht. Einer dieser kleinen Träume war, mit einem elektrisch motorisierten Schlauch- oder anderem Boot die Schönheiten unserer ostdeutschen Wasserwelt zu genießen. Leider ist es nun so, daß ich durch meine Behinderung niemals mehr selbstständig ein Boot zu Wasser lassen könnte und selbst wenn ich mir ein Boot miete, würde ich dort wahrscheinlich sehr bald über Bord gehen.

Für diesen damaligen Plan hatte ich mir einen Gewässerführer im Taschenbuchformat zugelegt. Der war zwar damals schon nicht mehr taufrisch, aber ich dachte mir, das werde schon funktionieren, denn so schnell schießen die Preußen ja nicht, auch nicht beim Umbau ihrer Gewässer.

Obwohl das Büchlein ja nun noch älter geworden ist, gilt mein Gedanke nach wie vor und weil ich partout nicht gern etwas wegwerfe, habe ich es bei ebay reingesetzt. Und was soll ich sagen: Im zweiten Versuch wurde es ersteigert… oder besser gesagt – gekauft, denn es ging für nur 1 € weg. Nun könnte mancher denken: „Sch…! Da bist du bestimmt sauer?“ Nein! Im Gegenteil bin ich glücklich, daß einer meinen Gedanken teilt. Und so habe ich sofort das Buch genommen, in eine Versandtüte gepackt und online frankiert. Ich habe es zur schnellen Mitnahme im Flur auf die Kommode gelegt und… da liegt es noch. 🙁
Das ist die Krux meines Daseins: Wenn ich nichts mehr organisieren muß, kann ich´s auch nicht mehr! Normalerweise nehme ich die Post und werfe sie 50m vor unserem Haus in den Kasten, vor allem, wenn ich mit dem E-Trike unterwegs bin, bei Schnee und Eis auf den Wegen allerdings liege ich auf diesem Weg mindestens 2mal flach. Deshalb hat mir meine Frau versprochen, morgen beim Briefkastenleeren den anderen zu füttern.

Deshalb sei mir nicht böse, Thomas! Spätestens wenn wirklich auch das letzte Eis von den Gewässern rings um Geltow verschwunden ist, wirst du geleitet.

 

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Über Bernd

Baujahr 1955, männlich, nicht mehr zu haben, Mechatroniker, Elektriker, Technikinformatiker und - natürlich - Taxifahrer
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