Notlagen

Inzwischen weiß bestimmt jeder, wie ich Menschen liebe, deren bester oder einziger Freund einen Namen hat, der mit „C2H5“ anfängt und mit „OH“ aufhört. So wird man vielleicht meinen Glücksschrei knapp vor 14:30 Uhr bestimmt sehr weit gehört haben, als ich auf eine vermutliche „Fliescher“-Fahrt einen Auftrag mit dem Text(verschlüsselt natürlich) erhielt „Neustadt; X-Straße 1; *name1* Hr. *name2*; mit Krücke; sitzt an der Ecke X-platz vor *Lokalität*. Jeder Taxifahrer erkennt sofort: „Hier droht Unheil!“ Der Normalbürger kann das ganz gewiß nicht nachvollziehen. Aber es kam ganz genau so, wie es kommen mußte:

Die Adresse war mir sehr wohl bekannt, nicht allerdings die *Lokalität*. Nach optischer Absuche des Gebiets allerdings fanden wir uns. Es war dies wie schon vermutet ein Mann, der aussah wie sein eigener Opa. Aber er stieg ein und sagte sein Ziel an und ab ging die Post, bis hierher Spitze gelaufen. Die geforderte Strecke war höchstens 1km lang. Fast genau in der Mitte fragte er mich plötzlich ob es hier irgendwo in einem Laden Bier gäbe. Er bräuchte nämlich noch ein paar für Zuhause… Wunderschöne Frage für einen, der seinen Wohnsitz genau 9445 m Luftlinie entfernt hat von einem, der hier wohnt. Meine Idee war „???“, seine „der Tabakladen um die Ecke“. Hier allerdings mein Gedanke „???“, Tabakladen mit Bier?! Also wieder zurück, eingeparkt und er steigt aus… und verliert in diesem Moment den gesamten Inhalt seines Portemonaies auf die Straße! Nun braucht natürlich niemand auch nur vermuten, daß da irgendein Schein dabei war. Zum Glück kam gerade ein junges Pärchen vorbei, das die gesamte Herrlichkeit auflas, währenddessen ich nachhaltig bemüht war, meine Nachbrennerraketen nicht zu zünden und er konsterniert das Innere seines Portemonnaies hypnotisierte, als könne er das eben Daringewesene augenblicklich zurückbefehlen. Tja, und dann war er eben mal weg – wie andere Leute auch ( 😉 ). Entgegen meiner Befürchtung kam er aber wieder und es ging nun endlich weiter.
Am Ziel angekommen nannte ich ihm den Preis und er begann in genanntem Behältnis zu suchen. Mir schwante zwar Böses, aber schon nach wenigen Sekunde hatte er das Geld parat „Das müßte reichen, oder?“ Nun ja, es war mehr ´Oder´, nämlich fast exakt 3/4 des Preises. Ich habe mir das restliche Geld dann halt selbst ausgesucht und der Kuchen war gegessen. Beim Aussteigen fragte er dann noch: „Habe ich was hiergelassen?“ Meine Erinnerung und die Sichtprüfung ergaben „Nein“. Und ich fragte mich: „Was auch?“.
Wie immer in solchen Fällen der Begegnung begegnete ich auch der heutigen mit konsequentem Feierabend, zumal das schleppende Geschäft regelrecht dazu aufforderte. Ich machte dann Abrechnung und räumte mein Gerassel aus dem Taxi. Eines war merkwürdig: Ich pflege normalerweise keine Flachmänner mit „Goldi“ (Nordhausener Goldbrand) zum Dienst mitzunehmen. Erstens sind Taxifahrer zu 0,0Promille verpflichtet, zweitens macht der Geruch aus dem Hals keinen guten Eindruck bei den Fahrgästen und drittens… könnte ich kotzen von diesem Fusel!
Ääähm, wie war das: „Habe ich was hiergelassen?“ – Ja mein Guter, aber erkläre mir mal, wie das in die Lücke hineingeraten ist, die beim Vorklappen der Rückenlehne des linken Beifahrersitzes entsteht. Wie um Himmels Willen kriegt man dort Zeug rein, ohne daß es der Fahrer sieht?! Da bin ich ja sogar heilfroh, daß der Inhalt zu- und nicht abnahm. 😉 Wenn du nun aber denkst, daß ich dir den Scheiß auch noch hinterherfahre, dann kannst du das getrost als intergalaktischen Witz betrachten(Kleine Reminiszens an Stanislaw Lem 🙂 ), denn schon die Anlieferung dürfte etwa das 5fache des Kaufpreises betragen. Das gibt bestimmt noch einen passablen Grog ab. Aber wenn du gedanklich noch so fit bist, um zu wissen, wo die Pulle sein könnte, bezahle ich dir sogar 2 davon.

Tja, auch so können Notlagen aussehen, schaffen wir das auch?

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Über Bernd

Baujahr 1955, männlich, nicht mehr zu haben, Mechatroniker, Elektriker, Technikinformatiker und - natürlich - Taxifahrer
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