Der sechste Sinn

Jeden Morgen zwischen 6:45 und 7:00 Uhr passiere ich die Haltestelle Altleuben in stadtwärtiger Richtung. Logischerweise ist die „Großwetterlage“ jedes Mal die Gleiche, aber die Situationen differieren doch manchmal sehr stark. Heute zum Beispiel wußte ich gar nicht, wie mir geschieht, weil die ganze Strecke von der Stephensonstraße bis zur Leubener für mich vollkommen frei war. Keine Straßenbahn und keine Fahrzeuge vor mir: Es war unglaublich! An der Kreuzung mit der Leubener Straße dann steht eine Bahn der Linie 6, die auf die Freischaltung nach rechts wartet. Ich war nun zügig durch die Haltestelle gekommen und sah auch, daß das Ampelgrün an der Kreuzung für mich noch sicher reicht, also blieb der Fuß auf dem Gas, um den Schwung zu nutzen.
Als ich aber fast die Spitze der Bahn erreicht hatte, passierte irgendwas, das ich nicht mehr weiß. Ob ich Schatten oder Reflexionen gesehen habe, kann ich nicht sagen. Ich ging in die Eisen und wußte nicht warum! In diesem Augenblick überquerten – husch, husch, trippeltrappel – 2 junge Damen die Fahrbahn vor der Straßenbahn! Sofortiger Blick zur Ampel verriet: es ist jetzt gelb. Also auf keinen Fall eine Phase, während welcher besagtes hätte geschehen können. Sinnigerweise schauten beide nicht mal ansatzweise in meine Richtung, frei nach dem bekannten Muster: „Wenn ich das Unheil nicht sehe, sieht es mich auch nicht.“
Während der nun folgenden Rotphase, während welcher die Bahn nach rechts abbog, hatte ich genug Zeit zum Durchdenken der letzten Minute. Tja, Fakt ist, die Damen rannten nach der Bahn, die erst nach ihnen abbog. Sie überquerten die Straße in Kamikazemanier, die ja die bewußte Inkaufnahme des Todes beinhaltet.In Anbetracht der Situation würde ich sagen: Ohne meinen sechsten Sinn wären die beiden etwa 12 – 14 Meter weiter wieder auf der Straße aufgeschlagen. Genau weiß man das nicht, das müßte man beim nächsten Mal vermessen.
Es gibt nun natürlich massig Leute, die behaupten: sechster Sinn ist Unsinn! Auch ich gehöre dazu. Aber ich weiß trotzdem nicht, warum ich gebremst habe!
Um noch mal auf das Verhalten der beiden „Mäusels“ zurückzukommen, frage ich hier: „Was lernt man schon im Kindergarten, in der Schule, in der Berufsschule, in der Fahrschule usw. usw. über das richtige Verhalten von Fußgängern?!“

NICHTS!!!

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Über Bernd

Baujahr 1955, männlich, nicht mehr zu haben, Mechatroniker, Elektriker, Technikinformatiker und - natürlich - Taxifahrer
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6 Antworten zu Der sechste Sinn

  1. Uwe sagt:

    Das ist der Beweis: der Intellekt des Durchschnittsbürgers liegt unterhalb des Kindergartenniveaus!

  2. Thomas sagt:

    Was lernt man in der Fahrschule über das Vorbeifahren an stehenden Straßenbahnen? Sicher war das Verhalten der Fußgängerinnen falsch, aber du hast dich ebenso falsch verhalten!

    • Avatar-Foto Bernd sagt:

      Das glaube ich aber jetzt grad´ mal nicht! Du kannst mich ja eines besseren belehren. Ich glaube immer noch genau zu wissen, wie man sich bei der Vorbeifahrt an einer Straßenbahn in einer Haltestelle verhält. Hast du jetzt eine Regel gefunden, die das Vorbeifahren auf offener Strecke regelt?

      • Thomas sagt:

        Nach deiner Schilderung las sich das so, als hätte die Straßenbahn sich noch an der Haltestelle befunden.

        • Avatar-Foto Bernd sagt:

          Ja, du hast recht. Wenn man die Örtlichkeit nicht kennt, kann man das wirklich denken, aber die Ampel ist tatsächlich „meilenweit“ von der Haltestelle entfernt. Aber sag mal ehrlich: Glaubst du wirklich daran, daß ein Mann um die 60 mit ca. 850.000 Kilometern „im Arsch“ blindlings durch die Haltestelle rauscht?! 🙂

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