Am letzten Freitag im September stand ich gegen 11.00 Uhr am Taxistand Postplatz. Die gängigen Taxiständer Kempinski, Külzring und Hilton waren gut gefüllt und ich rechnete mit einer längeren Pause. Plötzlich ein Raumruf „Kempinski“. Ich drückte die Bewerbungstaste und bekam den Auftrag. Am Hotel wunderte ich mich über die 2 gegenüber wartenden Taxis und blätterte noch mal im Auftrag… aha „englisch sprechend“ und „Mastercard“ wurde gewünscht, was die beiden Anderen offenbar nicht im Profil hatten.
Mein Fahrgast war schließlich eine ältere Dame von weit über 80 Jahren aus den USA. Zu ihrem Anliegen hatte sie eine ganze Mappe dabei: alte Fotos und Postkarten aus Pillnitz und eine in alter deutscher Schrift „handgemalte“ Geburtsurkunde vom Standesamt Hosterwitz, die belegte, dass Ihr inzwischen verstorbener Mann 1904 in „Pillnitz Nr. 35“ geboren war.
In den frühen 30er Jahren war er in die USA ausgewandert und hatte sie dort kennengelernt und geheiratet. In den 60er Jahren hatten sie gemeinsam (West-) Deutschland besucht und nun wollte sie endlich mal das Geburtshaus Ihres Mannes und das Schloss sehen, wo er als Kind mit seinen vielen Geschwistern, die sie mir alle namentlich nannte und auf Bildern zeigte, gespielt hatte. Seine Eltern waren damals Angestellte oder Bedienstete im Schloss.
Ich erklärte ihr, dass Pillnitz inzwischen größer geworden ist und viele Straßennamen hat, aber wir versuchen können, in der Schlossinformation eine alte Karte zu finden. Wir fuhren also erstmal zum Schloss. Auf dem Wege dorthin kamen immer wieder begeisterte Ausrufe von ihr wegen der schönen Häuser und Schlösser am Elbhang.
Die junge Frau in der Schlossinformation konnte uns leider nicht helfen und die Historikerin war schon im Wochenende. Wir liefen also durch die Höfe des Schlosses, in der Hoffnung, unter den vielen Souvenirverkäufern einen „alten Pillnitzer“ zu finden. Vergebens!
Immer wieder holte mein Fahrgast die Fotos und Postkarten heraus und ich musste sie vor diversen Motiven fotografieren. Äußerst beeindruckt war sie von den Hochwassermarken oberhalb der Freitreppe.
Langsam drückte nun auch die Zeit, denn die gute Dame musste 14.00 Uhr schon wieder im Hotel sein, die von ihr gebuchte „Pauschalreise“ war voll mit Programm, so sollte es noch nach Leipzig und nach München zur „Wiesn“ gehen.
Plötzlich, wir wollten noch um das Schlosshotel herum zum Taxi gehen, standen wir vor dem gesuchten Haus. Es sah noch fast genauso aus wie auf den über 100 Jahre alten Bildern. Nun war sie glücklich und ich musste wieder Fotos schießen… Wir konnten die Mission also mit Erfolg abschließen und waren pünktlich am Kempinski, wo mein Fahrgast die Taxirechnung mit Mastercard bezahlte und mir ein reichliches Trinkgeld in Dollar überließ…
Solche Fahrten könnte es öfter geben…
Erst einmal herzlich willkommen an Bord, Robinson!
Recht ergreifende Geschichte, die irgendwie zur vorherigen paßt.
Hach ist das schön…. Robinson wurde allerdings noch gar nicht vorgestellt, ich finde, das müsste dringend nachgeholt werden 😉
Robinson ist selbstverständlich ein Dresdner Taxifahrer (denn das ist Voraussetzung zum Mitschreiben), dessen Identität er nur selbst erklären darf. – Wenn er will! HiHi!!!
Ein echt außergewöhnlicher Auftrag, oder? Schön vor allem, dass die Fahrt am Ende von Erfolg gekrönt war! Ich gönn es der Dame wirklich. (und ihrem Chauffeur nicht minder…)
Wenn diese Geschichte mal nicht ein eindrucksvolles Beispiel abgibt, wozu die Ortskundeprüfung so dient… 😀
Na, das würde ich so nicht sagen, denn die Adresse „Pillnitz Nr. 35“ gibt es heute nicht mehr. Wenn das auf dem Foto abgebildete Haus zum Ensemble des Schlosses gehört, dann hätte statt des Ortskundelehrganges viel eher ein „Oft dort gewesen sein“ geholfen. Das wäre bei mir z.B. der Fall gewesen, denn ich wohne seit 1956 in Dresden-Leuben und habe bereits meine kindlichen ´Umwelterkundungen´ auch bis nach Pillnitz ausgedehnt. Ich vermute stark, daß es sich um einen der Hauseingänge in dem Innenhof mit den Google-Maps Koordinaten 51.008111,13.871575 handelt.
Robinson, übernehmen sie!